18.07.2005
Aus Ackerland wurde ein grünes Paradies
Seit 50 Jahren leben Erna (81) und Edmund Benedikt (84) in ihrer 60 Quadratmeterwohnung an der Ziegenhainer-Straße.
In der Albert-Schweitzer-Siedlung sind sie Mieter der ersten Stunde: Zwei von insgesamt 39, die schon so lange in den Häusern der Siedlung wohnen, wie diese alt sind. «Von meiner Wohnung bin ich immer noch so begeistert wie damals», sagt Erna Benedikt. «Von unserem Balkon aus sehen wir bis zum Feldberg und die Gegend ist so grün, ein Eldorado. Ich genieße es jeden Tag, hier spazieren gehen zu können.» Keine Frage, die Benedikts schätzen sich heute noch glücklich, eine Wohnung in der Siedlung erstanden zu haben, für die 1949 das Moor und Ackerland der Niddawiesen vollständig umgewandelt wurde.
Bernhard Spiller, leitender Geschäftsführer der Nassauischen Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft, denkt genauso. «Es waren Glückspilze, die hier eine Wohnung bekamen», sagte er in seiner Rede, mit der er jetzt die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Siedlung eröffnete.
344 Wohnungen sollten den unzähligen Flüchtlingen, die nach dem Krieg in die Städte strömten, eine neue Heimat bieten. Die Wohnungssituation in Frankfurt war dramatisch zu dieser Zeit, daran können sich auch Erna und Edmund Benedikt noch gut erinnern. «1948 haben wir geheiratet und in Goldstein ein Zimmer gefunden», sagt Herr Benedikt. Es war wirklich nur ein Zimmer in einem Haus, das etlichen jungen Paaren und Familien in ähnlicher Situation eine Zuflucht bot. «Toilette und Dusche waren auf dem Flur, wir mussten sie teilen. Das Haus war hellhörig und teilweise gab es noch nicht mal richtige Türen». Für das Ehepaar kam der Umzug in die Wohnung der Albert-Schweitzer-Siedlung einer Erlösung gleich. Mit ihren drei Zimmern bot sie nicht nur luxuriös viel Platz für die damalige Verhältnisse, «sie war für die damalige Zeit auch toll ausgestattet», schwärmt Erna Benedikt. Die Wohnung hat sich das Ehepaar damals einiges kosten lassen. 3000 Mark haben sie damals in den Bau der Siedlung investiert und sich so Ansprüche auf eine Wohnung gesichert. «Die Zuschüsse für den Bau kamen nicht nur von der Stadt», sagte Bernhard Spiller, «auch die Vertriebenengelder von Flüchtlinge wurden investiert.»
In den vergangenen 50 Jahren hat die Siedlung dennoch einige Wandlungen durchlebt. Nicht nur die Mieter haben gewechselt, auch die Infrastruktur hat sich verändert. «Es gibt keine Nachbarschaftsläden mehr», erklärte Enrico Blümel. Für ihre Einkäufe müssten die älteren Menschen nun viel längere Wege zurücklegen. Mit den Feierlichkeiten hält eine Ausstellung Einzug in die ehemalige Apotheke, in der sich heute das Mietertreff befindet. Die Auszubildenden der Nassauischen Heimstätten, Rafael Eckert, Michael Adler und Adam Klose, haben die Entstehung der Albert-Schweitzer-Siedlung recherchiert und fotografiert. Zur Ausstellung gehört auch eine Tafel: Zitate der ersten Bewohner sind auf ihr festgehalten und dokumentieren den Stellenwert der Siedlung für die Nachkriegsgeneration. (kim)

zurück
|