28.08.2006
Wie Kinder die Angst vor einem Zahnarztbesuch verlieren
Das Zahnärzte in die Kindergärten gehen, um bereits die Kleinsten mit der richtigen Pflege der Zähne vertraut zu machen, gehört mittlerweile zum Standard. Zahnarzt Jürgen Schultz (39) geht allerdings noch einen Schritt weiter. Bei ihm können die Kinder in die Praxis kommen, um auf spielerische Art die Angst vor einem Arztbesuch zu verlieren.
Die Praxis Am Schwalbenschwanz 18 existiert bereits seit über 40 Jahren. Vor sieben Jahren übernahm Jürgen Schultz die Verantwortung dafür von seinem Vater. Sein Engagement gerade für Kinder geht aber schon weiter zurück. „Als ich in der Notaufnahme gearbeitet habe, merkte ich, dass Kinder einen Zahnarzt erst mit Schmerzen kennen lernen.“ Keine ideale Voraussetzung, um ein gutes Klima zu den Kindern aufzubauen. Da sei ihm die Idee gekommen, Kinder in die Praxis einzuladen, damit sie einen Zahnarzt nicht von vornherein mit Schmerzen in Verbindung bringen.
Gerade auch Eltern würden ihre Kinder eher schlecht darauf vorbereiten. „Entweder projizieren sie ihre eigenen Ängste auf den Nachwuchs oder sie sagen ihnen, dass es bestimmt nicht weh tut“, sagt der Mediziner. Wenn dann doch Schmerzen auftreten, ist das Vertrauensverhältnis zerstört. Die kleinen Besucher sollten stattdessen einen Zahnarztbesuch als etwas ganz Normales erleben. So wie die Kinder der Kita Kunterbunt aus der Hügelstraße. Die sechs Vorschulkinder haben keine Hemmungen, als sie die Praxis betreten. „Kein Wunder“, sagt Leiter Klaus Weiland. „Einige sind schon zum dritten oder vierten Mal hier.“ Stella setzt sich gleich in den Behandlungsstuhl und öffnet den Mund, während Nickolas, unterstützt von Jürgen Schultz, die Zähne untersucht. Natürlich wollen auch die anderen vier Kinder einmal an die Reihe kommen.
Der Eschersheimer freut sich, dass seine Arbeit Früchte trägt. „Diese Kinder haben sicherlich keine Angst vor einem Zahnarztbesuch. Sie alle kennen auch den richtigen Umgang mit der Zahnbürste.“ Dabei sei es im Übrigen egal, ob eine elektrische oder die Handzahnbürste genommen wird. Beides habe Vor- und Nachteile erfahren die 5- und 6-Jährigen. Während die elektrischen Bürsten die genaue Putzzeit angeben, lernten die Kinder mit der Hand die richtigen Bewegungen. Das fördere auch den Gebrauch der Handgelenke. Die Hauptsache sei aber, „dass nach jeder Mahlzeit geputzt wird“.
Doch alles Engagement bringt nichts, wenn die Eltern nicht mitziehen. Damit stehe und falle die Zahnpflege, weiß auch Jürgen Schultz. Daher ist er froh, dass zumindest die Kindergärten in Frankfurt mitspielen und mit ihren Zöglingen das Erlernte weiter üben. Insgesamt betreut Jürgen Schultz drei Kitas mit 200 Kindern. Neben der Kita Kunterbunt sind es noch zwei der Emmausgemeinde. Darin investiert der Eschersheimer eine Menge Zeit. Einmal im Jahr besucht er die Kitas. Bis er alle Gruppen durch hat, sind zwei oder drei Tage vergangen. Neun Mal im Jahr stehen die Praxisbesuche auf dem Programm. In diesen Stunden kann er dann selbst keine Termine mehr wahrnehmen.
In Frankfurt gibt es insgesamt 180 so genannte Patenschaftszahnärzte, die die 518 Kitas mit rund 26 000 Kindern betreuen. Hessenweit sind 1640 Zahnärzte für 196 000 Kinder zuständig. (sö)

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