10.12.2006
Stadt schließt Hauptschule
Jugendliche aus Ginnheim müssen künftig nach Eschersheim fahren
Von Kathrin Jansen
Spätestens seit den Ereignissen an der Berliner Rütli-Schule im Sommer 2005 sind die Hauptschulen in Verruf geraten. Immer weniger Eltern wollen ihre Kinder an einer solchen Schule anmelden. Diese Entwicklung ist auch in Frankfurt zu spüren.Die Stadt will daraus nun die Konsequenzen ziehen.
Der neue Schulentwicklungsplan sieht eine Schließung des Hauptschulzweiges an der Diesterwegschule vor. Die Schüler sollen in Zukunft an der Ludwig-Richter-Schule unterrichtet werden. Dort sind durch die Schließung der Förderstufe mit Beginn des laufenden Schuljahres Kapazitäten frei geworden. Der Magistrat soll noch in diesem Jahr über das Papier entscheiden. In der Stadtverordnetenversammlung steht es in der ersten Sitzung 2007 zur Diskussion.
Die betroffene Schule hat sich derweil von dem Schock noch nicht erholt. Bei der Sitzung des Ortsbeirats 9 (Dornbusch, Eschersheim, Ginnheim) am Donnerstagabend bat der Personalratsvorsitzende der Grund- und Hauptschule, Albin Zedlewitz, um Unterstützung. „Wir haben die Nachricht kurz nach den Herbstferien bekommen und können es immer noch nicht glauben.“ Sie seien immer überzeugt gewesen, dass sie gute Arbeit leisteten. Derzeit besuchten etwa 100 Schüler die einzügige Hauptschule. 70 Prozent von ihnen seien Jugendliche mit Migrationshintergrund. „Diese Kinder sind in unserem kleinen Rahmen gut aufgehoben“, meinte Zeidlewitz. Er glaube nicht, dass sie in einem größeren System zurecht kämen. An der Ginnheimer Schule hingegen leisten sie einiges. „Sowohl beim Mathevergleichstest als auch bei den Abschlussprüfungen haben wir überdurchschnittlich gut abgeschnitten.“ Der Ortsbeirat versprach, sich des Themas anzunehmen.
Schulleiterin Ingeborg Kaestner hingegen glaubt nicht mehr, dass sich die Schließung noch abwenden lässt. Sogar das Institut für Qualitätssicherung des Landes Hessen habe ihnen schon ein Lob ausgesprochen, sagt sie auf Anfrage der FNP. Den Abwärtstrend bei den Schülerzahlen konnte das nicht stoppen. Dieses Jahr erfüllte die Lehranstalt den Richtwert von mindestens 17 Schülern in der fünften Klasse erstmals nicht. „Normalerweise ist eine Schule erst von der Schließung bedroht, wenn das zwei Jahre in Folge geschieht“, erklärt Kaestner. In den vergangenen Jahren hätten sie immer noch ein paar Schüler abweisen müssen. Seit 2005 sei das nicht mehr so. „Wenn die Kinder nicht da sind, kann eine solche Einrichtung nicht aufrecht erhalten werden. Das entscheiden letztlich die Eltern“, räumt die Schulleiterin ein. Sie erfüllten eine Nischenfunktion für die Jugendlichen, die im normalen System untergingen. „Nischen kommen in dem von finanziellen Abwägungen dominierten Schulentwicklungsplan aber nicht vor.“ Rein rational könne sie das nachvollziehen. Als Schulleiterin und Pädagogin aber finde sie solche Entwicklungen sehr bedauernswert. „Ich halte die gute Arbeit meines Kollegiums für unersetzlich.“ Für sie stelle sich die Frage, ob viele kleine Schulen nicht besser seien, als wenige große.
Auch Michael Damian, Referent von Bürgermeisterin Jutta Ebeling (Grünen), ist kein Anhänger von riesigen Schulen. „Große Systeme sind des Teufels.“ Das sei im Falle der Diesterwegschule aber nicht zu befürchten. Fakt sei, dass weder die Ginnheimer noch die Ludwig-Richter-Schule stabile Jahrgangsbreiten garantieren könnten. Diese fordere das Land aber. Durch die Verlegung nach Eschersheim entstünde eine zweizügige, maximal eine dreizügige Hauptschule. „Das ist kein großes System.“ Die Einrichtung einer Schulsozialarbeit sowie die Ausrichtung auf praxisorientierten Unterricht solle dafür sorgen, dass die Schüler dort genauso aufgefangen würden wie in Ginnheim. „Trotz allem tut es natürlich weh, eine so erfolgreiche Schule schließen zu müssen“, räumt Damian ein. Aber das sei eine „Abstimmung mit den Füßen“. Die Eltern hätten die Hauptschule nicht mehr gewollt. Von heute auf morgen sei aber nicht Schluss. Bekomme der Entwicklungsplan die Zustimmung, laufe der Schulbetrieb mit den Jahren aus. Neue Schüler würden dann nicht mehr aufgenommen.

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