10.09.2008
Im Kloster
Debatte über Kirchenliste! Leere Kirchenbänke, Mitgliederschwund:
Der Evangelische Regionalverband Frankfurt reagiert auf den Rückgang – wie berichtet – in bisher ungekannter Konsequenz und will jede vierte seiner rund 60 Kirchen schließen. Dafür hat der Verband eine Rangliste aufgestellt, die so genannte Kirchenliste. Diese wird im Mittelpunkt der nächsten Sitzung der Evangelischen Regionalversammlung unter der Leitung der Vorstandsvorsitzenden, Pfarrerin Esther Gebhardt, stehen. Die Sitzung ist öffentlich und findet morgen, Mittwoch, 18 Uhr, im Dominikanerkloster, Großer Saal, Kurt-Schumacher-Straße 23, statt. Der Ausschuss für gemeindliche Gebäude berichtet in der Sitzung über den Stand der Arbeit und über die Stellungnahmen der Gemeinden zur Bepunktung ihrer Kirchengebäude. Letztere hat in den Gemeinden für Unruhe gesorgt, die Benotung stößt oft auf Unverständnis. «Ich bin enttäuscht», sagt Pfarrerin Ulrike Hofmann von der Paul-Gerhardt-Gemeinde in Niederrad. Die große Kirche der Gemeinde hat nur 6,4 Punkte bekommen und steht auf einem gefährdeten Platz. Dabei sei die Renovierung bereits beschlossen worden. «Doch ob das noch umgesetzt wird, da bin ich skeptisch», sagt Hofmann.
Am schlechtesten kommt mit 5,8 die Versöhnungskirche am Hauptbahnhof weg. An der Spitze der Tabelle stehen die Emmauskirche in Eschersheim (9,8) und die Epiphaniaskirche im Nordend (9,3). Sie haben das beste Ergebnis bei den Kriterien Bauzustand, Symbolwert, Flächenabdeckung und Zukunftspotenzial erzielt. Bis Ende dieses Monats dürfen alle Gemeinden eine Stellungnahme zur Rangliste einreichen. Die Regionalversammlung soll im Dezember entscheiden, wo der Rotstift angesetzt wird. Den Gemeinden bleiben danach zwei Jahre Zeit, um Nutzungskonzepte für die abzugebenden Häuser zu entwickeln. Die Zeit drängt. Rund 43 Millionen Euro wären laut Regionalverband in den nächsten zehn Jahren nötig, um die Gebäude zu unterhalten. Aus Kirchensteuern stünden jedoch nur 22,5 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Blick auf die Mitgliederzahlen erklärt das Missverhältnis. 135 000 Menschen in Frankfurt sind heute evangelisch, vor 40 Jahren waren es noch rund 400 000.
Nirgendwo in Frankfurt hat sich diese Entwicklung so genau widergespiegelt wie in der Philippusgemeinde im Riederwald. Beim Bau der Philippuskirche 1963 gehörten der Gemeinde 4000 Mitglieder an, heute sind es 1350. «Wir stehen auf der Abschussliste», sagt Pfarrer Fred Balke. Schon damals sei das Gotteshaus mit 440 Plätzen viel zu groß gewesen, gibt er unumwunden zu. Im Ranking belegt seine Kirche den viertletzten Platz.
Trotzdem, sagt Balke, habe der Kirchenvorstand eine verständnisvolle Stellungnahme beim Gebäudeausschuss abgegeben. «Uns ist klar, dass es irgendwelche Kriterien geben muss.» Ihn störe jedoch, dass man bei weichen Faktoren wie der Verkehrsanbindung zu schlecht weggekommen sei. Von der Frankfurter Innenstadt aus sei die Kirche in wenigen Minuten zu erreichen, nur das Umland sei nicht gut angebunden.

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