18.11.2008
Gute Feen ziehen in die Schule
Um Hauptschülern eine berufliche Perspektive zu eröffnen, legen sie sich richtig ins Zeug. Um den Kindern zuzuhören, wenn sie in der Schule oder zu Hause Sorgen haben, nehmen sie sich immer Zeit. Die Ludwig-Richter-Schule in Eschersheim hat seit neuestem zwei helfende Feen in ihren Reihen.
Die Pädagoginnen Susanne Bally-Thiel und Claudia Roth arbeiten seit zwei Wochen in der Hauptschule, entsandt von der Stadt im Zuge des 3,5 Millionen Euro teuren Programms «Jugendhilfe in der Schule».
In den Frankfurter Hauptschulen sollen dem Lehrerkollegium in Zukunft zusätzlich Pädagogen zur Seite gestellt werden, die sich außerhalb des Unterrichts oder in Abstimmung mit den Fachlehrern den Problemen der Schüler annehmen. In der Richter-Schule haben die beiden Pädagoginnen nun zuvörderst den Auftrag, den Schülern den Weg zum richtigen Beruf und in die Ausbildung zu ebnen. Denn für viele Hauptschulabsolventen kommt schon nach der neunten Klasse der Knick im Lebenslauf. Viele fassen in der Arbeitswelt einfach nicht Fuß.
Wie sie und ihre Kollegin da konkret helfen können, erzählt Susanne Bally-Thiel am Beispiel einer Siebtklässlerin: Nach einem Praktikum in einer Tierarztpraxis lerne das Mädchen nun doppelt motiviert, denn im Praktikum habe sie sich so gut geschlagen, dass sie nun die Aussicht auf eine Ausbildung zur Tierarzthelferin habe.
Was einfach klingt, war ein holpriger Weg. «Die Schülerin hatte sie ziemliche Schwierigkeiten einen Praktikumsplatz zu finden», erzählt die Pädagogin, die schon vor Einführung des «Jugendhilfe»-Projekts an der Richter-Schule tätig war. Die Siebtklässlerin etwa hat die 54-Jährige bereits seit März 2007 durch die Berufsorientierung begleitet.
Anfänglich habe das Mädchen ebenso wie ihre Mitschüler gar nicht gewusst, wo es anfangen sollte: Allein die Frage, wen man überhaupt nach einem Praktikumsplatz fragen kann, schien ein kaum überwindbares Hindernis. «Also haben wir mit so einfachen Dingen begonnen, wie im Telefonbuch nachzuschlagen, dort und im Internet die Adressen von Tierärzten rauszusuchen und schließlich gemeinsam eine Bewerbung zu schreiben», erzählt die Pädagogin. So weit ging alles gut, dann kam der Frust. Jede einzelne Tierarzt-Praxis in ihrem Stadtteil klapperte die Schülerin ab, keine einzige wollte sie als Praktikantin nehmen. Dass das Mädchen nicht aufgab, habe sie am Ende nur durch viel Zureden erreichen können, erinnert sich Susanne Bally-Thiel. «Schließlich haben wir doch noch eine Stelle außerhalb des Stadtteils gefunden.»
Ein Schritt, den das Mädchen ohne die intensive Betreuung wohl nicht gegangen wäre. «Viele Hauptschüler haben Angst, über ihre gewohnten Grenzen hier in Eschersheim hinaus zu gehen.» Dabei kann das eine durchaus positive Erfahrung sein. «Die erwähnte Schülerin war nicht nur stolz, ihren Wunsch doch noch durchgesetzt zu haben. Sie wurde durch das Praktikum auch selbstbewusster und ihre Noten besser.»
Um die Schüler bis dahin zu bringen, gibt es jetzt die Jugendhilfe-Arbeit an den Schulen. In fünf Schulen haben die helfenden Pädagogen jetzt ihren Dienst angetreten. Die erste Phase des Projekts «Jugendhilfe an der Schule», dessen Trägerschaft an das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BwhW) übergeben wurde, kostet die Stadt 660 000 Euro. Neben der Ludwig-Richter-Schule kommen die Peter-Petersen-Schule, die Friedrich-Ebert-Schule, die Michael-Ende-Schule sowie die Heinrich-Kraft-Schule zusammen mit der Freiligrathschule in den Genuss, einen zusätzlichen Pädagogen im Team zu haben. Stets werden sie in den Hauptschulzweigen eingesetzt.
Erweist sich deren Arbeit als sinnvoll, sollen noch weitere Frankfurter Schulen ins Jugendhilfe-Programm aufgenommen werden.mer

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