24.10.2012
Bahnhof ist ein Schandfleck
Eschersheimer sind sauer, weil die Bahn nichts unternimmt und die Station seit Jahren verfallen lässt. Der Eschersheimer Bahnhof ist nicht erst seit gestern ein Schandfleck. Seit Jahren verfällt er. Die Deutsche Bahn spricht zwar schon länger davon, den Bahnhof sanieren zu wollen – wann, ist allerdings noch unklar.
Die Stufen hinab zum Bahngleis wackeln, woanders steht vor solch baufälligen Treppen ein Schild mit der Warnung "Betreten auf einige Gefahr". Auf der anderen Seite wurde der Treppenaufgang bereits gesperrt, die Pflanzen wachsen aus dem Beton. Es bleibt unklar, welchem Zweck die verwitterten Blumenkästen auf der zweiten Stufen dienen.
Cecilie (45) ist froh, dass sie bloß dreimal im Jahr den Eschersheimer Bahnhof benutzen muss. "Dennoch ist es nicht schön, gerade als Frau. Auch weil man, um zum Bahnhof zu kommen, teilweise Schleichwege benutzen muss", graut ihr.
Ein ungutes Gefühl
Die Bahnsteige sind zwar einige hundert Meter lang, dennoch bleibt man abends freiwillig direkt unterhalb der Treppe stehen. Zur Rechten stützen massive Betonpfeiler die Überführung der Landstraße, rund herum es ist dunkel. Linker Hand haben Büsche den Hang bis ans Bahngleis vereinnahmt. Wer wollte, könnte Bahngästen im Gestrüpp auflauern. Ein ungutes Gefühl kommt bei jedem auf, der abends mal einige Minuten auf die S-Bahn warten muss.
Seit Jahren, so scheint es, hat keiner Hand angelegt, um die Station von Buschwerk zu befreien. Zumindest verleihen das Bahnhofsgebäude, oder besser gesagt der zweistöckige Verschlag, und die Graffiti dem Gelände noch einen gewissen Wildwest-Charme.
Bernd F. (66) wohnte einst am Weißen Stein. Sechsmal pro Woche kommt er noch nach Eschersheim und benutzt dabei die S-Bahn. Er erinnert sich, wie das Bahnhofsgelände vor 15 Jahren aussah. "Es hat sich nichts verändert, der Bahnhof ist ein Schandfleck", meint er. Einmal pro Jahr würden Büsche und Sträucher zurückgeschnitten – zum letzten Mal im März dieses Jahres. Er ärgert sich, dass die Station keine gute Visitenkarte für die Stadt abgibt.
Eigentümer des Eschersheimer Bahnhofs ist die Deutsche Bahn. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärt eine Mitarbeiterin der für Hessen zuständigen Pressestelle des Unternehmens, dass die Sanierung des Bahnhofs bereits geplant sei. "Im Zuge des Ausbaus der S6, der voraussichtlich Anfang 2013 beginnt, wollen wir uns auch um den Eschersheimer Bahnhof kümmern. Leider kann ich jedoch keine Details zum Zeitplan nennen", entschuldigt sie sich.
Rachid Rawas, Fraktionsvorsitzender der SPD im Ortsbeirat 9, sieht jedoch nicht nur die Deutsche Bahn in der Pflicht. Er fordert, dass sich auch die Stadt für eine Aufwertung des Bahnhofsgeländes einsetzt. "Aber nicht nur als Reaktion auf Anträge aus dem Ortsbeirat", macht der Stadtteilpolitiker klar.
Rachid Rawas schlägt vor, eine Eisdiele oder ein Café im Bahnhofsgebäude zu eröffnen. Damit könnte die verödete Gegend rund um den Bahnhof belebt werden. "Die Menschen hätten somit ein Gefühl der Sicherheit, sie wüssten, dass es hier etwas gibt", glaubt der Sozialdemokrat.
In etwas mehr als drei Wochen, am 16. November, können Fahrgäste, Anwohner und auch der Ortsbeirat ihre Ideen für den Bahnhof direkt der Deutschen Bahn mitteilen. Vertreter des Konzerns kommen nach Eschersheim, um im Rahmen einer Bürgerversammlung über Lärmschutzmaßnahmen neben den Bahngleisen zu diskutieren. Laut Inge Cromm, Fraktionsvorsitzende der CDU im Ortsbeirat 9, ist auch der Zustand des Bahnhofs ein Thema.
Raman (30) hat sich mit dem Erscheinungsbild der S-Bahn-Station längst abgefunden. "Seit acht oder neun Jahren wohne ich in Eschersheim. Der Bahnhof sah in all den Jahren immer gleich aus. Das einzige, was sich verändert, ist der Müll. Der wird immer mehr", betont Raman und steigt die wackeligen Treppen zum Bahnsteig hinab. (bki)

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