01.06.2013
Ende und Neuanfang
Neuer Inhaber für Bischoff & Linke gefunden - Mietvertrag wurde aber nicht verlängert. Eine Ära geht zu Ende: Nach über 60 Jahren schließt das Elektrofachgeschäft Bischoff & Linke endgültig. Zwar fand sich in letzter Minute ein Nachfolger für den langjährigen Inhaber, doch wurden die Mietverträge des Ladengeschäfts nicht verlängert. Die Suche nach alternativen Räumlichkeiten läuft nun auf Hochtouren.
„Es sieht ja ganz schlimm aus bei ihnen“, sagt Katharina Binhack und bahnt sich den Weg vorbei an Umzugskisten, quer stehenden Regalen, gestapelten Produktverpackungen. Die Seniorin ist überrascht von der Unordnung im Elektrofachgeschäft Bischoff & Linke, Eschersheimer Landstraße 541, gegenüber der U-Bahn-Station Lindenbaum. Sie kommt schon seit Jahrzehnten her, heute braucht sie Batterien für ihre Taschenlampe. „Ist jetzt wirklich Schluss?“, fragt sie etwas ungläubig.
Geschäftsinhaber Richard Linke (70) steht hinterm Tresen, wie er es seit 49 Jahren gewohnt ist und antwortet: „Ja, Frau Binhack, heute gehen hier die Lichter aus. Um sechs Uhr ist endgültig Feierabend.“ Er kennt seine Kunden beim Namen und weiß, welche Geräte sie benutzen, was sie einkaufen, was sie brauchen. Dieser Servicegedanke, aber auch das umfangreiche Sortiment, die Fachkenntnis und das nachbarschaftliche Engagement sorgten jahrzehntelang für einen festen Kundenstamm, der die Anonymität moderner Multimedia-Discounter nicht schätzt.
Nachfolger
„War ja nie ein schönes Geschäft“, meint Linke und sucht passende Batterien. Binhack antwortet: „Aber zuverlässig! Sie wissen immer sofort, was man will!“ Linke nickt und erklärt, dass die LEDs ihrer Taschenlampe flimmern. Eine baugleiche hat er nicht mehr, deshalb schenkt er ihr eine andere. Frau Binhack lächelt dankbar und erzählt, sie habe zu Hause noch einen Gefrierschrank. Was solle sie bloß machen, wenn er kaputt gehe?
Linke zeigt auf Thomas Tessun (49), den Radio- und Fernsehtechniker, den er nach über zweijähriger Suche als Nachfolger gefunden hat. „Unsere alte Telefonnummer (0 69-52 28 83) bleibt bestehen und wird zu Herrn Tessun weitergeleitet. Er kümmert sich dann“, verspricht Linke.
Thomas Tessun und Richard Linke fanden sprichwörtlich in letzter Minute zusammen. Der vorherige Partner Thomas Buchmann verstarb 2011, seither fahndete Linke nach jemandem, der das Geschäft übernehmen könnte. Den Mietvertrag kündigte er provisorisch zum 31. Mai dieses Jahres. Nachdem sich Tessun im Frühjahr bereiterklärte, das Geschäft weiterzuführen, setzte man sich mit der Vermieterin zusammen, um über eine Verlängerung des Mietvertrags zu verhandeln. Anfänglich sah alles gut aus, man sprach konkret über Renovierungsarbeiten, doch dann gab es plötzlich Kommunikationsprobleme. Am 1. Mai folgte die Absage. „Den wirklichen Grund kenne ich bis heute nicht. Mir wurde nur mitgeteilt, man habe andere Pläne“, sagt Tessun. Die Räumlichkeiten seien aber schon wieder zur Vermietung annonciert.
Neue Räume gesucht
Wie es für ihn jetzt weitergeht, weiß Tessun noch nicht genau. „Erst mal packen wir alles ein. Dann suchen wir neue Räume, möglichst in der Nähe vom Lindenbaum. Und wenn’s so weit ist, packen wir alles wieder aus“, sagt er. Bis dahin würden die Kisten und Geräte zwischengelagert. Und natürlich bestehende Aufträge erledigt. „Heute habe ich noch einen Gefrierschrank ausgeliefert. Und Herr Linke hat eine Lampe repariert“, erzählt Tessun. Trotz aller Schwierigkeiten freue er sich auf seine neue Aufgabe.
Richard Linke macht derweil keinen sehr wehmütigen Eindruck, dass seine Ära nun endet. Allerdings hat er auch weiterhin viel zu tun, die Abwicklung der GmbH wird ihn noch ein paar Monate beschäftigen. „Außerdem hieß es bisher immer nur Firma, Firma, Firma. Meine Enkeltöchter freuen sich jetzt, mal was von ihrem Opa zu haben“, sagt Linke. Dann neigt er sich wieder der Kundin zu.
(Thorben Pehlemann)
Artikel Frankfurter Neue Presse vom 01.06.2013

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