Frankfurt und die Elektroroller: Feste Parkzonen gegen das Chaos

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Wie hier in Praunheim stehen mittlerweile im gesamten Stadtgebiet die elektrischen Tretroller - und behindern vor allem Fußgänger. © Unger
Wie hier in Praunheim stehen mittlerweile im gesamten Stadtgebiet die elektrischen Tretroller - und behindern vor allem Fußgänger. © Unger

Elektro-Tretroller sind in Frankfurt allgegenwärtig. Da sie aber überall abgestellt werden, sind sie für viele ein Ärgernis. Nun sollen feste Regeln für die E-Scooter her.

Aktuell explodiert die Zahl an Elektro-Tretrollern in Frankfurt und sorgt für Gefahr und viel Unmut bei Fußgängern und Radfahrern. Mehrere Anbieter fluten nach der Innenstadt auch viele Stadtteile mit den bei jungen Leuten beliebten E-Scootern. Viele fahren rücksichtslos, zu schnell, stellen die Gefährte störend ab. Anbieter Voi weist die Verantwortung von sich. Die Stadt will nun aber durchgreifen.

„Voi fahren ist einfach und spaßig“, wirbt der Anbieter aus Schweden und hat gerade eine vierstellige Zahl an Rollern nach Frankfurt gebracht und einen Preiskampf entfacht. Auch Anbieter Bolt rollt heran. Nutzer zahlen dort Minipreise von fünf Cent pro Minute – bei einigen Anbietern auch erstmal gar nichts, wenn sie sich gegenseitig anwerben. Das alles sei „klimapositiv“, wirbt Bolt.

Elektroroller in Frankfurt: Anwohner beschweren sich

Das sieht Christine Harper (60) aus Höchst anders: „Das ist der pure Egoismus auf Rädern.“ Die E-Scooter werden nämlich zur Plage. Das trifft diesmal nicht nur in der City, wo die Gefährte schon 2019 nach ihrer Zulassung durch den Bund für Chaos sorgten. Jetzt drängen die Anbieter auch in entferntere Stadtteile wie Fechenheim, Nied, Rödelheim, die Nordweststadt. „Die Dinger schießen wie Pilze aus dem Boden“, sagt Rentnerin Harper. Das bestätigt Johannes Lauterwald (Grüne), Ortsvorsteher für Rödelheim, Hausen, Praunheim und die Nordweststadt. Er hat schon Bürgeranfragen auf dem Tisch.

Die E-Scooter-Flut sorgt für zwei Probleme. „Die fahren ohne Rücksicht auf andere“, berichtet Christine Harper. Illegal auf dem Gehweg, halsbrecherisch quer über die Straße, mitten durch die Grünflächen an der Nidda. In hohem Tempo geht es durch Fußgängerzonen wie die Zeil und die Kö‘ in Höchst, vorzugsweise auch verbotenerweise zu zweit.

Ärger über Elektroroller: Überall in Frankfurt wird wild geparkt

Ebenso gefährlich: „Die Dinger werden wild überall stehen gelassen“, sagt Harper. In Parks liegen die Roller, im Liederbach, blockieren Gehwege, Hauseingänge, Rollstuhlrampen. „Das Chaos ist massiv“, bestätigt Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD). Die E-Scooter würden zu gefährlichen Stolperfallen, sagt Ortsvorsteher Lauterwald. „Das muss man in den Griff bekommen.“ Die Anbieter müssten ihre Nutzer unbedingt zu Rücksicht drängen.

Das sei Teil der Geschäftsbedingungen, erklärt Claus Unterkircher, der Deutschland-Chef von Voi. Es gebe Parkverbotszonen, etwa alle größeren Parks, große Teile des Mainufers, Friedhöfe und Kleingartenanlagen, das Messegelände und das Umfeld einiger Seniorenheime, erklärt Unterkircher. Bürger könnten falsch geparkte Scooter unter support@voiapp.io melden, dann würden Voi-Teams diese „binnen der nächsten Stunden“ umparken.

Österling über Elektroroller: Tempo Einschränken auf dem Gehweg

Das reicht Christine Harper nicht. Wenn sich Fahrer nicht an die Regeln hielten, solle man „die Vermieter in die Pflicht nehmen“ – und das Tempo der Scooter auf Fußgängerwegen automatisch drosseln. Technisch kein Problem: Anbieter Tier hatte das bereits auf der Zeil umgesetzt, erinnert Dezernent Oesterling. Weil aber die Konkurrenz nicht mitzog, habe Tier die Beschränkung wieder entfernt. Voi-Chef Unterkircher lehnt eine solche Einschränkung ebenfalls kategorisch ab. Allerdings sieht die Voi-App selbst sogar durchaus solche Tempobeschränkungszonen vor.

Voi genießt gerade das eigene Tempo: „Wir sind in Frankfurt sehr erfolgreich und verzeichnen aktuell eine hohe fünfstellige Anzahl an Fahrten pro Woche“, fast zehnmal so viel wie vor Corona, jubelt Chef Unterkircher. Frankfurt sei „binnen weniger Tage zu einer unserer stärksten Städte in Deutschland avanciert“.

Stadt Frankfurt will Elektroroller-Anbieter an den Runden Tisch holen

Wegen des Chaos habe die Stadt die Anbieter an einen Runden Tisch gebeten, sagt Klaus Oesterling. Aufgrund einer unklaren Rechtslage habe sie bisher jedoch nichts unternehmen können. Das ändere sich aber jetzt: Nach einem Gerichtsurteil aus Düsseldorf könnten den Anbietern nun feste Parkzonen zugewiesen werden. Die Regelung arbeite die Verwaltung aktuell aus, sodass sein Nachfolger und das Stadtparlament sie bis Jahresende in Kraft setzten könnten, so Oesterling.

Das Ende des Free-Floating-Prinzips, bei dem jeder Nutzer den E-Scooter überall abstellen kann, sieht Ortsvorsteher Lauterwald als gute Lösung. „Damit wäre viel geholfen.“ So könne zum Beispiel am Bahnhof Rödelheim ein Scooter-Parkplatz entstehen.

Frankfurt und die Elekroroller: „Rette sich wer kann“

Voi & Co. dürfte das nicht gefallen. Die Firma wolle weiter wachsen und „schlussendlich die gesamte Stadt“ abdecken, sagt Manager Unterkircher, womit das „Free-Floating-Modell eine besonders starke Wirkung“ entfalte.

Bis E-Scooter tatsächlich ausgebremst sind, ahnt Christine Harper, bleibt nur eine Lösung, wenn ihr wieder einer auf dem Gehweg entgegen rast: „Rette sich wer kann.“

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