Sie turnen in die nächsten 125 Jahre

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Tolle Figuren beim Deutschen Turnfest - in den 1930er Jahren waren die Eschersheimer regelmäßig dabei. © TVE
Tolle Figuren beim Deutschen Turnfest - in den 1930er Jahren waren die Eschersheimer regelmäßig dabei. © TVE

Festakt statt Jubiläumsfeier beim TV Eschersheim – Wunsch nach einer zweiten Halle

Es ist der 8. Juli 1895 an dem sich 20 Männer aus Eschersheim, dem kleinen Dorf nördlich von Frankfurt, treffen und den Turnverein Eschersheim (TVE) gründen. Georg Reuter wird Vorsitzender, August Sterlepper Schriftführer. Nur acht Tage später findet die erste Mitgliedsversammlung statt, auf der unter anderem festgelegt wird, dass das Fehlen von Turnstunden oder Versammlungen mit einer Strafe in Höhe von zehn Pfennig geahndet wird.

Heute, 126 Jahre später muss niemand beim TV Eschersheim eine Strafe zahlen, wenn er einmal nicht am Training teilnehmen kann. Auch die heutige Vorsitzende Inge Cromm, bereits seit 1959 Mitglied und damit quasi im Verein aufgewachsen, kann sich an solche Strafen nicht erinnern. Sie sitzt in dem kleinen Anbau, dem Kolleg der 1956 eingeweihten Turnhalle. Im Erdgeschoss befindet sich eine Gaststätte, vom ersten Stock hat man einen wunderbaren Blick in die Halle. Mit der kleinen Bühne und dem alten, knarzenden Holzfußboden.

Corona brachte Planungsunsicherheit

„125 Jahre sind eine lange Zeit“, sagt Cromm und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. Wobei es genau genommen mittlerweile 126 Jahre sind. Doch wegen der Corona-Pandemie seien die Jubiläumsfeierlichkeiten im vergangenen Jahr ausgefallen, auch 2021 funktionierte dies nicht. So gab es nur einen Festakt mit 50 geladenen Gästen und ausreichend Abstand. Unter dem Motto „TV Eschersheim 125 Jahre + 1“.

Fünf Jahre alt war Inge Cromm, als Schwester und Bruder sie mit zum TVE, damals noch auf dem Sportplatz in der Nußzeil, nahmen. Und damit zu jung. Erst mit sechs durfte man offiziell mitturnen. Heutzutage, sagt sie, seien die jüngsten Sportler drei Jahre alt. Man habe bei ihr aber ein Auge zugedrückt, sie durfte mitmachen. Später wechselte sie dann in die Leichtathletikabteilung. Als wäre es gestern gewesen, erinnert sie sich an die zahlreichen Teilnahmen bei Gauturnfesten oder der dem Deutschen Turnfest. Steckenpferde des TVE. „Wir waren bei allen Bergfesten dabei, mit Frikadellen haben wir uns damals gedopt“, sagt sie und lacht. Später habe sie sich zudem noch entschieden, beim Formationstanz mitzumachen. „Sport hat mich stets begleitet, ebenso wie der TVE“, sagt sie.

Zöglinge und Kneipenriege

Da ist es kaum verwunderlich, dass sie 2017 als Vorsitzende des Turnvereins kandidierte und auch gewählt wurde. 1700 Mitglieder hat der Verein derzeit, die sich in sieben verschiedenen Abteilungen sportlich betätigen. Zahlen, von denen ihre Vorgänger vor 125 Jahren nur träumen konnten. Zum Vergleich: Eschersheim zählte 1895 gerade einmal 1433 Einwohner. 1900, fünf Jahre nach der Gründung hatte der TVE 54 Mitglieder und 13 Zöglinge – Schüler und Jugendliche. Es folgte 1906 die Gründung der Kneipenriege, die die Kerbeburschen stellte, die den Kerbebaum organisierten sowie Maskenbälle, Rekrutenabschiede und andere Veranstaltungen organisierte. Denn eins galt beim TVE immer: Sportler können auch gut feiern. „Es ist schon immer die Gemeinschaft, die uns ausgemacht hat. Wir sind kein Verein für den Spitzensport sondern für Jedermann“, sagt Inge Cromm.

Im Ersten Weltkrieg konnte der Sportbetrieb notdürftig aufrecht erhalten werden und auch während des Zweiten Weltkrieges durfte geturnt werden – wenn auch nur eingeschränkt. Nach dem Krieg folgte ein Verbot für Turn- und Sportvereine, Hallen und Plätze wurden beschlagnahmt. Nur langsam ging es wieder los, 1946 überlegte der TVE gar mit dem FV 09 eine Sportgemeinschaft zu gründen. Doch man wurde sich nicht einig, der TVE machte auch so seinen Weg.

Die erste Frau an der TVE-Spitze

1956 schließlich wurde die erste eigene Halle in der Maybachstraße eingeweiht, 1985 ihr Anbau, 1990 wird das 2000ste Mitglied begrüßt. Der einst kleine Turnverein ist zum Großverein geworden. 2013 löst Hans-Günter Müller Hubert Handrow nach 31 Jahren als Vorsitzender ab, 2017 folgt auf ihn Inge Cromm – als erste Frau an der Spitze des TVE. Nach und nach packt sie seitdem die kleinen Baustellen des Vereins an. Neue Fenster im Spiegelsaal und der Geschäftsstelle gibt es bereits, in der Halle soll nun eine neue Heizung installiert werden. „Wir planen in kleinen Schritten, um finanzielle auch wirklich alles stemmen zu können. Trotz zahlreicher Fördermöglichkeiten“, sagt Cromm und verrät eines der Großprojekte, die in den kommenden Jahren anstehen: Eine zweite Turnhalle, auf der kleinen Wiese zwischen dem Altbau und den Bahngleisen. „Damit wir gut gerüstet sind für die nächsten 125 Jahre“, sagt sie.

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