„Wir fühlen uns durchaus verschaukelt“

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Friedrich Hesse (CDU) ist zum vierten Mal zum Ortsvorsteher gewählt worden. © ROLF OESER
Friedrich Hesse (CDU) ist zum vierten Mal zum Ortsvorsteher gewählt worden. © ROLF OESER

Das Jahr im Ortsbeirat 9.

Ortsvorsteher Friedrich Hesse über die Arbeiten an der Bahnstrecke, bei denen Stadt und Bahn nicht immer ehrlich gewesen seien, und den Radverkehr im Ortsbezirk.

Seit den Kommunalwahlen ist Ihre Fraktion, die CDU, nur noch die zweitstärkste Kraft im Ortsbeirat 9 hinter den Grünen. Und trotzdem wurden Sie, wenn auch mit nur einer Stimme Mehrheit, wiedergewählt. Wie fühlt sich das für Sie an, erneut an der Spitze des Gremiums zu stehen?

An sich hatte ich die Wahl schon abgeschrieben und hatte mir überlegt, alternativ eventuell die Position als Fraktionsvorsitzender zu übernehmen. Hinsichtlich der Ortsvorsteherwahl bin ich nicht proaktiv geworden, sondern wurde von FDP und BFF sowie von Teilen der SPD-Fraktion angesprochen. Daher zeichnete sich für meine Wahl eine Mehrheit ab, die auch die politischen Lager im Ortsbeirat widerspiegelt.

Wie würden Sie das Miteinander im Gremium beschreiben?

Tatsächlich habe ich mich gewundert, warum die Grünen-Fraktionsvorsitzende Angela Rühle nicht selbst kandidiert hat. Der grüne Kandidat Marcel Peters fiel schließlich bei drei Wahlen durch. Der Frust darüber ploppte in den ersten Sitzungen nach der Wahl immer wieder mal auf. Aber mittlerweile sind wir wieder zu einem konstruktiven Miteinander zurückgekehrt.

Der Ausbau der Schienentrasse zwischen Frankfurt-West und Bad Vilbel tangiert den Ortsbezirk mittlerweile erheblich. Noch ist etwa keine Lösung für den künftig gesperrten Bahnüberweg im Lachweg in Sicht. Wie geht es hier weiter?

Hier ist gut zu sehen, dass wir inhaltlich im Ortsbeirat an einem Strang ziehen. Wir fühlen uns von Bahn und Stadt durchaus verschaukelt. Auf einmal hieß es, die Stadt habe bei der angrenzenden Sportanlage die neue Umkleide übersehen, sodass die ursprüngliche Planung obsolet sei. Dann kam das nächste Hindernis: Der Untergrund sei für eine Unterführung zu felsig. Auch wurde aus Gründen des Kostenvergleichs eine Alternativplanung verlangt. Das ist die Variante in Richtung Wohngemeinschaft Bonameser Straße / Im Mellsig. Das wäre aber eine riesige Baumaßnahme, die ich für nicht realisierbar halte. Ich gehe davon aus, dass für den Lachweg nur eine Lösung für Radfahrer und Fußgänger angedacht ist. Ich befürchte, es gibt keine zusätzliche Überführung und der Autoverkehr wird über den Weißen Stein abgewickelt. Daher fordern wir, bevor weiter geplant wird, einbezogen zu werden und detaillierte Informationen über die zu erwartende Verkehrsbelastung zu erhalten.

Apropos Verkehr: Die Eschersheimer Landstraße ist eine zentrale Verkehrsachse für motorisierte Pendler:innen. Aber auch für Radfahrende ist die Eschersheimer oft der kürzeste Weg von A nach B, doch Radwege fehlen ab dem Dornbusch. Der ADFC hat in Höhe des Sinai-Parks probeweise Fahrspuren weggenommen, ohne dass dies zu großen Staus führte. Wie kann dieser Bereich langfristig auch für den Radverkehr attraktiv werden?

Das Thema wird im Ortsbeirat kontrovers diskutiert. Die ADFC-Aktion hat tatsächlich erst einmal nicht zu großen Problemen geführt. Das Problem ist vor allem der Abschnitt zwischen Eduard-Rüppell-Straße und Marbachweg, wo es Kurzzeitparkplätze gibt. Fallen die weg, wäre das für den dort sehr aktiven Einzelhandel problematisch. Es muss sicherlich etwas passieren, aber die Interessen aller sind zu beachten. Ich persönlich meide als Radfahrer die Eschersheimer Landstraße und nutze parallele Wege. Es gibt Alternativen.

Nach dem tödlichen Unfall eines Radfahrers an der Kreuzung von Hügelstraße, Raimundstraße und Ginnheimer Hohl im Dezember 2020 forderte der Ortsbeirat erneut einen Kreisverkehr an der Stelle. Die Stadt sieht das skeptisch, wollte diese Option aber prüfen. Wie ist heute der Stand der Dinge?

Dieser autobahngleiche Kreuzungsbereich müsste in seinen Dimensionen eingedampft werden. Daher befürworten wir schon länger einen Kreisverkehr. Die Standrad-Kreisel-Lösungen der Stadt sind in dem Fall ungeeignet. Daher müsste sie sich extern Kompetenz holen. Unsere Anregung wäre, dass die Radfahrer künftig nicht mehr parallel zur Straße fahren, sondern aus dem Straßenprofil raus genommen werden und hinter der Kreuzung in einem 90-Grad-Winkel die Fahrbahnen queren. So ist auch Augenkontakt möglich. Das wäre wünschenswert.

In den vergangenen Jahren war die Platensiedlung ein Sorgenkind im Ortsbeirat. Im Herbst 2020 kündigte der damalige Quartiersmanager, seit gut einem Jahr übt Dominikus Landwehr diese Funktion aus. Wie läuft es seither?

Seit der neue Quartiersmanager da ist, herrscht eine viel bessere Stimmung in der Zusammenarbeit. Er ist in jeder Ortsbeiratssitzung und bekommt auch immer das Wort, da er stets etwas zu berichten hat. Zudem hat mein Stellvertreter Rachid Rawas mit dem Quartiersmanager wöchentlich einen Jour fixe. Das heißt, der Austausch ist sehr rege, und wir haben ein vertrauensvolles Verhältnis.

Und wie schätzen Sie die Situation vor Ort ein?

Die Nachverdichtung hat im Vorfeld für viele Ängste gesorgt. Das hat sich sehr beruhigt. Vor allem erhält die Siedlung endlich ein „Stadtzentrum“. Bisher gab es auch planungsrechtlich nur einen Supermarkt am Rande. Jetzt kommen neue Geschäfte hinzu wie ein Barber-Shop und ein persischer Lebensmittelhändler. Darüber werden wir bald ein Gespräch mit Frank Junker von der ABG und Oliver Schwebel von der Wirtschaftsförderung haben. Wir würden uns auch Arztpraxen wünschen. Dass hier ein Manko besteht, haben wir während der Corona-Pandemie festgestellt.

Nachdem den Musikbands, die den Bunker im Marbachweg nutzen, gekündigt worden war, stand im Raum, dass sie den Bunker zumindest noch drei Jahre nutzen können. Dem ist auch noch so, allerdings sollen die Musiker und Musikerinnen wohl nur die Lager-, nicht die Proberäume nutzen können. Wie kann sich der Ortsbeirat einbringen, um die Nutzung langfristig zu garantieren?

Wir können zwar den Wunsch zur weiteren Nutzung äußern. Entscheidend ist aber, ob die Stadt dem Bund das Gebäude abkaufen kann. Der Bund möchte sicherlich den maximalen Kaufpreis erzielen. Ob die Stadt dazu bereit ist, ist für mich fraglich. Realistischer wäre es, wenn die Stadt die drei Jahre nutzt, für die Bands Alternativen zu finden. Das sind ja junge dynamische Gruppen, die dort derzeit üben, denen wir eine langfristige Perspektive schaffen sollten.

Interview: Sonja Thelen

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